Samstag, 5. September 2009

Tage und Stunden

Wo sind all die Stunden, da wir sangen,
und die Freude lachend uns umspann,
als der Tag wie süßer Wein zerrann,
bis zur Mitternacht die Lieder klangen?

Wo sind all die Tage, da wir klagten,
endlos unsre Tränen niederflossen,
wir der Wehmut bitt'ren Kelch genossen
und allein selbst nicht zu flüstern wagten?

Wenn auch bitt're, dunkle Stunden fallen -
tiefes Wissen regt sich in uns allen:
Nicht von Dauer ist, was uns erfreut.

Nicht von Dauer ist, was tief uns quält,
Schmerz und Lust, sie sind der Zeit vermählt
und vergehen, wenn sich Tag erneut

Gebet

Herr,
gib deinen Kindern stärkere Herzen,
wenn sie frieren,
und nur die Nacht ihre Namen kennt!

Gib ihnen
Hände, die zart sind,
und einen Blick,
offen wie der Himmel!

Gib ihnen Tränen aus Salz
und eine Hoffnung,
wenn es Abend wird,
und einen Steinen,
daran sie sich ketten können!

Gib deinen Kindern
stärkere Herzen!
Gib ihnen
Herzen aus Wasser,
denn sie höhlen
steinerne Seelen.

Mittwoch, 2. September 2009

Friedrich Schiller in Apolda

Letzte Woche, genauer gesagt am 27. August 2009, hatte ich die Ehre, in meiner Heimatstadt eine Schiller-Lesung mitgestalten zu dürfen. Ich rezitierte einige Gedichte des Meisters und komplettierte auf diese Weise den lehrreichen und spannenden Vortrag von Dr. Egon Freitag von der Stiftung Weimarer Klassik, der über Schillers Leben berichtete und viele heitere Anekdoten berichten konnte.

Trotz der Hitze des Tages war die Veranstaltung gut besucht, und das Publikum lauschte aufmerksam und gebannt den Vorträgen.

Es war für mich sehr angenehm, mich auf diese Weise einmal mehr den Texten Schillers nähern zu können.
Ich kenne Schillers Gedichte und Dramen seit meiner Kindheit, und seit meiner Kindheit liebe ich sie. Schiller ist ein Dichter der Offenbarung, der Freiheit, der Rechtschaffenheit. Besonders sind seine Texte nicht nur durch ihre Schönheit, den Glanz der Sprache, den meisterlichen Stil, sondern auch deshalb, weil immer ein Quantum Weisheit seinen Worten beigegeben ist.
Schillers Schicksal war es, ein Kämpfer zu sein - für die Freiheit, das Glück und das eigene Wohlergehen. Weil er selbst zeitlebens von vielen Fesseln gebunden war, wußte er die Freiheit nur um so mehr zu schätzen.
Es ist so: Wer sich nicht rührt, spürt seine Ketten nicht. Schiller rührte sich und rüttelte an seinen Banden, und darin ist er uns Vorbild.

Nicht hinnehmen und schweigen, sondern die Stimme erheben.

"Du mußt glauben, du mußt wagen,
denn die Götter leihen keinen Pfand;
nur ein Wunder kann dich tragen
in das schöne Wunderland."
(Friedrich Schiller: "Die Sehnsucht")