Rezension zu Arno Loeb (2012) Der Neuschwanstein-Code
Erschienen bei Unsichtbarverlag, Dietdorf, ISBN
978-3-94920-4
Preis: 12,95 Euro
Wer sich schon einmal mit dem Verlagswesen befasst hat und
selbst schreibt, der stellt sich und Verlegern immer wieder einen Frage: Wie
muß ein Manuskript sein, damit es veröffentlicht wird.
Man bekommt dann viele kluge und nichtssagende Antworten. Es
müsse ansprechend sein, es müsse in die Verlagsphilosphie passen, es müsse gut
gemacht sein, gute Sprache, gute handwerkliche Arbeit. Und dann der Spruch: Ein
gutes Manuskript wird auch seinen Verlag finden.
Es gibt jetzt eine neue Linie für Normalnull in der Qualität
eines Romanmanuskripts. Festgelegt und beinahe sogar noch selbst unterboten hat
sie der Autor und Tausendsassa Arno Loeb mit seinem „Roman“ „Der
Neuschwanstein-Code“.
Auf fast 400 Seiten entwickelt der Verfasser eine
Geschichte, die an Hirnrissigkeit, Zusammenhanglosigkeit und Imbezilität kaum
zu überbieten ist.
Das fängt schon bei den Figuren an.
Heldin ist eine Amerikanerin, die auf Schloß Neuschwanstein
als Fremdenführerin arbeitet. Leider ist sie mental etwas minderbemittelt, was
sich zum Beispiel darin äußert, daß sie kein Englisch kann. So muß sie
beispielsweise erst von einer japanischen Manga-Zeichnerin die wahre Bedeutung
des Wortes „horny“ erfahren. Außerdem ist sie ein sehr schlichtes Gemüt und nur
zu wenig rationalen Überlegungen fähig.
Die Manga-Zeichnerin ist eine von drei Japanern in der
Geschichte, die anderen beiden, ihre Bruder und ihr Vater, sind – natürlich,
möchte man fast schreien! – Sushi-Koch und Karate-Meister. (Vielleicht hat sie
noch einen zweiten Bruder, der Ninja ist und deshalb nicht in der Handlung
auftaucht.) Mit dem Karate-Meister fängt die Fremdenführerin dann auch – wieder
möchte man „natürlich!“ schreien – etwas an.
Es gibt dann noch einen schrulligen Polizisten und einen
kauzigen Erfinder und natürlich jede Menge homosexuelle Randfiguren. Muß ja
auch so sein, denn immerhin war Ludwig II. schwul und hatte sonst nicht viel,
um eine Persönlichkeit zu entwickeln.
Und es gibt auch einen Schurken, dem eine nordische Walküre
zur Seite steht.
Also die Zahl der schwachsinnigen, halbentwickelten
Charaktere in diesem Buch ist Legion.
Kurz zur Handlung:
Ludwig der II. habt beim Bau von Neuschwanstein den Schatz
der Nibelungen gefunden und unter dem Schloß versteckt. Damit das Versteck
geheim bleibt, hat er die Information mit Friedrich Nietzsche und Richard
Wagner geteilt. Alle drei hatten den Teil eines Rätsels, das zusammengesetzt
die Lage des Schatzes verraten sollte.
Diese Rätselteile tauchen nun wieder auf, und natürlich
wollen alle den Schatz haben.
Die Jagd führt durch ganz Europa. Man schändet Cosima
Wagners Grab, und als man am Ende in der Schatzhöhle zusammenkommt, ist der
ganze Schatz schon weg. Der wahnwitzige Erfinder hat den Schatz auch ohne
Rätsel gefunden und ihn benutzt, um seine Forschung voranzutreiben, z.B. um ein
U-Boot zu bauen, mit dem er im Starnberger See herumfahren kann.
An dieser Stelle möchte ich einen Absatz aus dem Buch
zitieren, um ein Beispiel für die wirre Sprache, in der es abgefasst ist, zu
geben:
„Sie zog den Tarnmantel,
den ihr Bruno umgeworfen hatte, eng an sich. Komischerweise fiel ihr jetzt ein,
dass ihr Bruno erklärt hatte, er vermutete, dass dieser Sternenstaub die
herumwirbelnden Atome von Materien so anordnete, dass ein menschliches Auge
genau durch die Zwischenräume der Atome blickte, wodurch der
Unsichtbarkeits-Effekt entstand. Allerdings wirkte der Tarnmantel nur in einem
Umkreis von höchstens fünfzig Zentimetern, meistens weniger. Und am besten in
Verbindung mit der Körperwärme von Menschen. Das war ein Problem für große und
dicke Menschen, hatte Bruno geschildert. Die wurden nicht ganz unsichtbar. Weil
der Tarnmantel von allem Seiten wirkte, konnten Menschen mit einem Durchmesser von einem Meter
problemlos unsichtbar werden[1]. Walle schlich sich
hinter die Statue des Flöten spielenden Krishna.“ (S. 361)
In dieser Sprache ist das ganze Buch abgefasst. Es ist
deshalb sehr schwer zu lesen,
Man merkt: Der Autor will „abgefahren“ schreiben, was immer
das bedeuten mag. Deshalb spielt auch eine Gothic-Band eine Rolle, tauchen
schwule Mangas auf und hat jeder ein iPhone[2].
„Der Neuschwanstein-Code“ ist kein gutes Buch, um Zeit damit
zu verbringen, einfach weil es kein gutes Buch ist.
Nichts an diesem Buch ist interessant. Die Figuren sind
blaß, dümmlich und voll von Klischees. Die Handlung ist so wirr, daß ihr noch
nicht einmal der Verfasser selbst folgen konnte. Die Sprache ist schlimm.
Obendrein ist das Buch sehr schlecht lektoriert, voller Druckfehler und
grammatischer Fehler.
Das ist sehr bedauerlich, denn man hätte viel machen können
aus der Geschichte. Aber dazu hätte es Gewissenhaftigkeit und einer gewissen
Bemühung seitens des Autors bedurft, die dieser leider nicht zu invenstieren
bereit war.
Schade.
Eine Chance auf ein spannendes Buch vertan.
Ich rate von der Lektüre ab.
[1] Anmerkung: Nur um mal die
Rechnung nachzuvollziehen… Ein Mensch mit einem Durchmesser von einem Meter hat
einen Umfang von über drei Metern. Also „dick“ muß da schon „seeeeehr dick“
sein. Interessant wäre allerdings, was man sehen würde, wenn so ein Mensch den
oben beschriebenen Tarnmantel trüge. Vermutlich seine Innereien. Also, wenn
Ihnen mal ein einsamer Verdauungstrakt entgegen kommt, dann ist das vermutlich
ein sehr, sehr dicker Mensch mit Tarnmantel.
[2] Hoffentlich bekommt Herr
Loeb dafür einen kleinen Bonus von Apple.