Matt Beyon Rees
„Mozarts letzte Arie“ Roman – aus dem Englischen von Klaus Modicke
erschienen bei C.H.
Beck oHG, München 2012
ISBN
978-3-406-62994-5
Preis 17,95 Euro
Wolfgang Amadeus Mozart ist einer der bekanntesten und meist gespielten Komponisten unserer Zeit. Zu Lebzeiten galt er erst als Wunderkind, später mußte er sich mehr schlecht und recht als einer der ersten freischaffenden Musiker durchs Leben schlagen. Er starb jung und hinterließ seiner Witwe neben zahlreichen Manuskripten einen enormen Schuldenberg. Viele Künstler sterben in jungen Jahren. Und das hinterläßt immer eine gewisse Unzufriedenheit, verbunden mit dem Gefühl: Da kann doch irgendwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Viele dieser Jungverstorbenen wurden posthum in ein Mordkomplott verwickelt, das mal mehr, mal weniger plausibel erscheint. Namen fallen in dieser Liste wie Heinrich Heine, Friedrich Schiller, Oscar Wilde, Ludwig II. von Bayern oder Marilyn Monroe.
Natürlich ranken sich solche Geschichten auch um W. A.
Mozart.
Der Dramatiker Sir. Peter Shaffer verdächtigte seinerzeit
Antonio Salieri, und Milos Forman setzte dessen Theaterstück in seinem
grandiosen und achtfach Oscar-gekrönten Spielfilm „Amadeus“ ein filmisches
Denkmal.
Auch Matt Beynon Rees nimmt sich in seinem Roman „Mozarts
letzte Arie“ dieses Stoffes an. Er dichtet um Mozarts Ableben eine
Verschwörung, die zwischen Freimaurerei, Revolutionsgebaren, Staatsstreich und
Hochverrat hin und her schwankt. Er zieht also alle Register. Allerdings wird
er sich auf einer Verfilmung durch Milos Forman eine Weile warten müssen.
Kurz zur Handlung: Die Geschichte beginnt im Jahre 1792 –
eine Woche nach Mozarts Tod. Maria Anna Walburga Igantia Berchthold von
Sonneburg, geb. Mozart und genannt „Nannerl“ erhält einen Brief ihre Schwägerin
Constanze, der sie über das Hinscheiden ihres Bruders Wolfgang informiert.
Nannerl ist entsetzt. Der Brief ist wirr und ein wenig überdramatisch.
Constanze schreibt von finsteren Ahnungen, die die letzten Lebenstage ihres
Ehemannes umwoben hätten. Sogar von einem Mord durch Gift ist die Rede. Nannerl
faßt einen schnellen Entschluß: Natürlich muß sie sofort nach Wien reisen, um
der Sache auf den Grund zu gehen. Grund ist ihr schlechtes Gewissen. Seit dem
Tod ihres Vaters Leopold, der sie zur Alleinerbin und zu einer wohlhabenden
Frau gemacht hat, hat sie mit ihrem Bruder kein Wort mehr gewechselt. Und nun
ist er nicht mehr.
In Wien angekommen, absolviert sie zunächst den
Antrittsbesuch bei ihrer Schwägerin, und dann trifft sie alles, was Rang und
Namen hat. Als sie bei Emmanuel Schikaneder zu Mittag ist, trifft sie auf den
verwirrten Schauspieler Franz Gieseke, der etwas von Freimaurerei schwafelt.
Nannerl hat da bereits herausgefunden, daß ihr Bruder eine eigene Loge – „Die
Grotte“ – gründen wollte. Sie trifft später auf Magdalena Hofdemel, die am Tag
von Mozarts Beisetzung von ihrem Mann verstümmelt wurde, bevor dieser sich mit
einem Rasiermesser selbst die Halsschlagader durchtrennte. Nach einem Treffen
mit dem charismatischen Baron von Swieten, der noch ein ganz anderes Interesse
an Nannerls Person hat, wird die Heldin beinahe zum Opfer eines Unfalls. Bei
einer Aufführung der „Zauberflöte“, um die sich viele der Geheimnisse ranken,
wird Gieseke ermordet, nachdem er vor Nannerl und van Swieten bekannte, daß er
Mozarts Mörder kenne.
Natürlich wird der Mörder entlarvt. Dazu spielen Nannerl und
van Swieten, nachdem sie einander sehr nahe gekommen sind, eine kleine Scharade
vor dem Kaiser. Nannerl verkleidet sich als ihr Bruder, und man inszeniert eine
Szene aus Don Giovanni – den Besuch des steinernen Gastes.
Wenn man das Buch nach beendeter Lektüre weglegt, befällt
einen das unangenehme Gefühl, daß dies doch ein wenig zu viel des Guten war.
Alle möglichen Verschwörungstheorien werden zitiert. Mozarts mysteriöse Reise
nach Berlin. Der Preußen-König als Freimaurer, der die österreichische
Monarchie unterwandern will. Polizei und Zensur. Auftritte in der Unterwelt.
Nannerl, die noch immer die große und unübertreffliche Pianistin ist und gleich
am Tag nach ihrer Ankunft ihn Wien vor erlesenstem Publikum konzertiert. Sogar
Maestro Salieri darf sich eines Gastauftrittes erfreuen.
Aber das Ende bleibt dunkel. Und dem Leser werden die
Antworten, die er erhofft, vorenthalten.
Natürlich. Rees schreibt keine historischen Tatsachen. Die
historischen Figuren sind ihm nur Schablonen. Spielfiguren, aus denen er seine
eigene Geschichte zusammenfasst. Nannerl war nie in Wien, und sie hat auch nie
ihren Ehemann Johann Berchthold von Sonnenburg mit Baron van Swieten betrogen.
Mozart kam nicht mehr dazu, seine Loge „Die Grotte“ zu gründen, deren
Besonderheit nach Rees’ Auffassung darin bestand, daß auch Frauen der Zutritt
gewährt werden sollte. Zeuge ist für ihn die Prinzessin Pamina.
Aber sei es drum.
Der Roman „Mozarts letzte Arie“ ist eine seichte und
unterhaltsame Lektüre. Obwohl Milos Forman die Zeitreise in Mozarts Wien besser
gelungen ist.
Literarisch hat der Roman nichts zu bieten, was ihn zu etwas
Besonderen machen würde. Und mit 17,95 Euro ist der Preis für ein Taschenbuch
unangemessen hoch.
Aber wer weiß.... Vielleicht kommt ja ein Sammler von
Mozart-Devotionalien auf seine Kosten.
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