Rezension: Rudolf Lill „Die Macht der Päpste“
erschienen bei Butzon&Becker GmbH, Kevelaer, im November
2011
ISBN: 978-3-7666-4147-2
EPUB ISBN 978-3-7666-4148-9
Preis: 19,95 Euro
Papst ist immer gefragt. Seit Benedikt XVI. auf dem Stuhle
Petri sitzt, ist das ein Thema, dem gewißlich Aufmerksamkeit entgegengebracht
werden wird. War kurz nach der wahl des deutschen Kardinals Josef Ratzinger zum
Pontifex Maximus noch die Stimmung groß und voller Jubel, so ist die Freude der
Deutschen an „ihrem“ Papst doch in den letzten Jahren merklich abgekühlt. Nach
den Augenblicken patriotischer Freude wurde den Menschen mit einem Male wieder
bewußt: Die katholische Kirche ist kein Platz der leichtfertigen
Ausgelassenheit, sondern vielmehr eine alt-ehrwürdige Institution, mit Regeln,
Dogmenund Traditionen, deren Sinn sich Außenstehenden oft nicht erschließt, und
Benedikt XVI. ist kein Spaßpapst, sondern ein ernsthafter, tiefgründiger
Theologe.
Nicht erst seit dem Papstbesuch im vergangenen September ist
Kritik an der Katholischen Kirche en vouge. Freilich wird sie von sehr
unterschiedlichen Quellen hervorgebracht, und die Spannbreite geht von „Alle
katholischen Priester sind Kinderschänder“ über „Die katholische Kirche ist
schuld an den Kreuzzügen“ bis hin zu ernsthaften Debatten über die
Transsubstationslehre, die Interkommunion und die Bedeutung der wahren
Nachfolge Christi.
Rudolf Lill ist eine der ernster zu nehmenden Quellen. Auf
den ersten Blick. Bei genauerer Betrachtung allerdings versinkt er mit seinem
Buch „Die Macht der Päpste“ im Mittelmaß der „Papstkritikerszene“.
Dabei ist der Ansatz dieses Buches durchaus
vielversprechend. Lill will beweisen, daß die Macht der Päpste, die er
„absolutistisch“ nennt, nicht auf der langen Kirchentradition fußt, die Vatikan
und Kurie für sich in Anspruch nehmen, sondern „nur“ auf das 12./13.
Jahrhundert zurückgeht und in ihrer zeitgenössischen Form mit dem Beginn des
19. Jahrhunderts zementiert wurde.
Lill bedient sich des typischen Papstkritiker-Jargons. Und
er schreibt mit sehr viel Sachverstand und Detailwissen. Leider ist es ein
wenig zu viel Detailwissen, denn es ist unzusammenhängend aufbereitet. Immer
wieder vollzieht der Autor Zeitsprünge. Eben noch ist er in der Zeit der
Rennaissance angekommen, und einen Absatz weiter beginnt er mit dem 2.
Vatikanum. Damit ist das Buch für einen interessierten Laien kaum zugänglich.
Die Geschichte des Papsttums wird so erzählt, als sei der
Papst immer der Antiheld, der Schurke der Kirchengeschichte, und immer wieder
wird eine Dichotomie, eine Gegnerschaft von Papst und Kirche angedeutet.
Auch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist das Buch
schwierig gestalte. Endlose, kaum zu rezopierende Fußnoten machen den Anhang
aus. Die Quellenangaben sind unzureichend. Ein Personenregister sucht man
ebenso vergeblich wie die Literaturliste.
Dabei ist das Buch sehr lautstark. Es hat viel Inhalt, aber
leider nur wenig Gehalt. Und der Titel spiegelt nicht den Inhalt wieder. Es
geht nicht um die Macht der Päpste, sondern letztlich nur um eine Geschichte
der Päpste seit 1800. Zudem fehlt dem Buch die Sachlichkeit.
Einen Bonus allerdings, und das sind Exkurse, die zwischen
die einzelnen Kapitel gesetzt sind und sich mit dem Konklave, Bischof Levebre
und der Pius-Bruderschaft befassen. Gleiches gilt für die Kurzbiographien der
Päpste von Pius dem VII. bis hin zu Benedikt dem XVI. .
Das Buch „Die Macht der Päpste“ ist nicht empfehlenswert.
Anhand der Biographien dieser Männer wird nicht nur der Wandel des Konzepts
„Papst“ per se deutlich, sondern auch der gesellschaftliche Wandel, der sich in
dieser Zeit in Europa und auch in der katholischen Kirche vollzogen hat.
Nur der durchschnittliche Papst- und Kirchenkritiker wird
sich in dieser parteiisch gefärbten, und damit bedauerlicherweise
unzulänglichen Pseudo-Geschichtsschreibung verstanden fühlen und bestätigt
finden.
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