Hörbuch von Frederik Beyer und Mark
Pohl
Nach dem gleichnamigen Schauspiel von
Michael Kliefert
Erschienen bei Wolf Productions 2012
Erschienen bei Wolf Productions 2012
(Rezension von Ilka Lohmann)
So jung ist das Medium Hörbuch nicht
mehr. Inzwischen ist es Standard, daß Hörbücher zeitgleich mit
ihren papiernen Geschwistern veröffentlicht werden. Der dritte Weg
der literarischen Publikation – neben dem E-Book.
Während aber auf der einen Seite von
gewissen Kreisen schon das Ende des Buches aus Papier und Leinen
lauthals verkündet wird, bleibt das Hörbuch, wenn es nichts weiter
als einen Vortrag eines textlichen Corpus enthält, weit unter seinen
Möglichkeiten.
Wie man es anders und besser machen kann, zeigt das Hörbuch
„Der Goethe-und-Schiller-Pakt“, gelesen von Frederik Beyer und
Mark Pohl, nach einem gleichnamigen Theaterstück von Michael
Kliefert.
Die beiden Schauspieler Beyer und Pohl,
beide aus Weimar, standen mit diesem Stück lange auf der Bühne.
Nachdem es im letzten Jahr vom Spielplan genommen wurde, beschlossen
beide, einen anderen Weg zu finden, um diesem Stück weiterhin Leben
und Aufführung zu geben und es für Menschen auf andere Weise, auch
jenseits der Theaterräume, erlebbar zu machen. So stießen sie auf
das Medium des Hörbuches.
Im Stück, auf dem Hörbuch dialogisch
vorgetragen, wird die Geschichte der Dichterfreundschaft zwischen
Johann Wolfgang Goethe (Frederik Beyer) und Friedrich Schiller (Mark
Pohl) vorgetragen.
Der Hörer kann den Weg, den beide
Freunde mit einander unternahmen, mit verfolgen. Die Freuden und
Leiden, die Anteilnahme. Man erlebt die beiden Dichter, wie sie an
ihren Balladen schreiben und verzweifeln, wie sich gegenseitig Halt
und Unterstützung geben auf den steinigen Pfaden der klassischen
Literatur. Und am Ende Schmerz und Tod. Das Leben als Schauspiel, als
Bühne, als Drama.
Heiter geht es zu, wenn die Dichter
ihre Xenien rezitieren. Trauriger, berührend, nahegehend wird es,
wenn Schiller stirbt – zu jung.
Sehr schön und befreiend für den
Hörer ist dabei, daß hier nicht zwei Heroen der Literatur auf ein
Marmorpodest gehoben werden, sondern es zwei Menschen sind, die mit
einander leben und reden und arbeiten. Und man kann erleben, wie
Literatur entsteht, daß es immer Arbeit ist und das selbst solche
Geister, die von der Nachwelt groß gemacht worden sind, an ihren
Sätzen und Formulieren schier verzweifeln wollen, so wie Schiller am
Wallenstein.
Kunst kann Türen öffnen, wenn auch
nur einen Spalt breit. Und auch wenn es nur Fiktion ist, was
Literatur uns gibt, so schafft sie doch, das, was keiner mehr weiß,
keiner mehr wissen kann, weil er es nicht erlebt hat, in Bilder, in
Bewegung, in Wirklichkeit zu verpacken. Genau das gelingt auch diesem
Stück. Man bleibt doch, selbst wenn man Biographien liest, Gräber
besucht und ehemalige Wohnhäuser durchwandert, immer nur an der
Außenseite der Geschichte kleben – wie eine Fliege an der
Fensterseite.
Aber historische Fiktion kann diese
Scheibe durchdringen.
Kliefert hat Goethe und Schiller aus
ihren Gräbern geholt, Pohl und Beyer haben ihnen Leben eingehaucht,
und man meint, zumindest durch ein Schlüsselloch darauf zu blicken,
wie es wirklich war, wie es wirklich hätte sein können in dieser
Dichterfreundschaft, die so sehr von Legende und Wirklichkeit – um
nicht zu sagen: von „Dichtung und Wahrheit“ - durchdrungen ist,
daß es schwer ist, das eine von dem anderen zu unterscheiden.
Aber in der Kunst muß das nicht sein.
Literatur und Theater haben ihre eigene Wahrheit.
Mit dem Hörbuch „Der
Goethe-und-Schiller-Pakt“ ist ein spannendes Experiment gelungen –
Theater auf CD zu bannen – von den Dimensionen der sinnlichen
Wirklichkeit reduziert auf den reinen Klang. Der Vortrag von Beyer
und Pohl tut das seinige dazu. Nuanciert, lebendig. Beide haben eine
stimmliche Meisterleistung vollbracht. Ja, ihr Vortrag läßt ihre
körperliche Abwesenheit vergessen. Die Bilder, die nötig sind,
finden sich wie von selbst vor dem inneren Auge ein. Eine Zeitreise
in Hörbuchform.
Nicht zuletzt etwas, das man so manchen
„DeutschlehrerInnen“ nahe legen sollte, damit die nicht
vergessen, daß hinter dem, was man immer als so groß und hehr und
edel darstellen möchte, Menschen steckten, die aus Fleisch und Blut
waren und sich in den Grundlegungen ihres Leben gar nicht so sehr von
uns unterschieden.
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